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Restaurant of the month December 2018

arrow left Yunico, Kameha Grand, Bonn, Germany arrow right

Chef de Cuisine
Christian Sturm-Willms

In einer riesigen futuristischen Glaswelle hat der Architekt das Hotel Kameha Grand an Land gespült. Wow. Alles anders als normal. Ebenfalls Wow ist das Yunico. Das japanische Fine Dining-Restaurant, in dem Christian Sturm-Willms 2016 seinen Stern erkochte ...

Dieser Ausflug sprengt die kulinarischen Streifzüge der Schreiberin im deutschsprachigen Gourmetareal. Und es waren vornehmlich überdurchschnittliche darunter.

Er beginnt im Hotel. Architektur- und Designerkenner werden bei den Namen Karlheinz Schommer und Marcel Wanders aufhorchen. Die Schreiberin allerdings kannte sie nicht. In einer riesigen futuristischen Glaswelle hat Schommer das Hotel Kameha (hawaianisch: der Einzigartige) Grand an Land gespült. Mit 254 Zimmern und Suiten, drei Restaurants und einer Bar. Der Eindruck ist überwältigend. Überwältigend im ambivalenten Sinn. Nach vorschneller, gar vorlauter Kritik angesichts der innenarchitektonischen Ausstattung durch Wanders explodierende Farbgebung, den gigantischen Amphoren, überdimensionierten Glockenlampen, seinen sinnreichen Details, präsenten Kameha-Blumen (seinem Markenzeichen), resümiert sie versöhnlich: Wow. Grandios. Schräg. Wahnsinn. Verrückt. Super. Genial. Ja, genau das will das Hotel sein. Alles anders als normal. Die Schreiberin hat ihre tradierten ästhetischen Sinneswahrnehmungen über Bord geworfen. Der Mensch kann sich jederzeit neu konditionieren, wenn er will. Und sie wollte. Außerdem kannte sie noch nicht den Außenpool in der dritten Etage. Die Freundin hatte ihn getestet und schwärmte. Hoch auf dem Dach. Puristisch. Nur Himmel und Rhein und Wasser, das herbstsanfte Siebengebirge in der Ferne konturiert. Infinity Bad. In Form gebrachte Unendlichkeit, ein Traum.

Das zweite Herzens- und Magen-Wow ist das Yunico (Yu und unico- japanisch für einzigartig). Das japanische Fine Dining- Restaurant, in dem Christian Sturm-Willms 2016 seinen Stern erkocht hat. Er, 1983 in Rathenow geboren, lernt in Siegburg, kocht im Süden und Norden Deutschlands. Es scheint, als sei er angekommen im Yunico; das japanische Rot herrscht vor im angenehm illuminierten Raum; hoch oben, mit großartiger Terrasse, Blick über den Rhein.

Japanisch mit mediterranen Elementen, nennt der leidenschaftliche, fröhliche Koch seine Küche. Und erklärt uns Omakase: Wenn der Koch das Menü entscheidet, jeden Tag neu. Überwiegend mit Fischsorten als Sushi. Wie muss man was machen, dass es gut ist, sein Mantra. Fantastisch, wagt die Schreiberin zu ergänzen. Die nie in Japan war, aber umso neugieriger ist. Christian Sturm-Willms hat 2011 mit zwei Sushimeistern an der Seite das Handwerk gelernt. Seine Sehnsucht nach Japan blüht auf.

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Der Gruß aus der Küche beginnt mit zwei weißen Tabletten, sehr hübsch. In der darüber gegossenen Flüssigkeit entfalten sich – nein, keine  Lotosblüten, Oshibori, rettichweiße Tüchlein zum Reinigen!
Wir sitzen am etwas erhöhten Chef`s Table, unsere überraschten Reaktionen werden vom Pass gegenüber (im Restaurant!) wahrgenommen. Wie später alle Regungen, sodass wir in der ständigen Kommunikation mit dem Team sind. Wir fühlen uns aufgehoben. Ein duftiger Auftakt der Sparkling Sake vor dem ersten Amuse.

Kinuta Maki, Sushi ohne Reis, Alge umwickelt mit gebeiztem Saibling, Füllung Wolfsbarsch, auf einem Cassisspiegel. Ein zart lockendes Entree. Das zweite amuse: Warme Nordseekrabben. Aufgeschlagener Dashi-Schaum, sautierter Spinat, Artischocke. Miso-Eicreme, Nussbutter. Köstlich. Der 2015er Zeltinger Himmelreich, Kabinett von Molitor stellt sich als wunderbarer Begleiter heraus. Neben den tollen Sakes, unter anderem aus der Brauerei Shu-shin-Kan in Kobe. Engagiert vom Sommelier serviert, der uns vorsichtig auf Sakes einstimmt. Überhaupt umsorgt uns das kleine Team unter Restaurantleiterin Melanie Hetzel, Sturm-Willms Lebensgefährtin fast familiär.

Der Hauptteil beginnt mit Big Eye Tuna Tataki: Geflämmter Thunfisch Big Eye, butterzart, Honig, Avocado, Mango Gel, Senfsaat, Apfel-Wasabi- Sorbet. Miniatur-Gurkentürmchen auf 2 Cent großem Sockel. Crunchig und cremig, dieser reiche Teller, ein Gemälde. Sashimi vom Lable Rouge Lachs, bestreut mit gepufftem Buchweizen. Shoyu aus Ingwer, Sesam, Honig, Ahornsirup, Dashi. A parte in kleinen Näpfchen delikates Tamagoyaki (gerolltes Omelett), Mangowürfel. Pikant Ponzu, eine auf Zitrus basierende Sauce. Der Gewürztraminer von Trimbach rundet perfekt.

Wenn du beim ersten Bissen schon die Würze mit einem Wumm an den Rezeptoren der Zungenspitze spürst und sie beim letzten Verglimmen am Zungenende noch kräftig ohne salzige Überdosis wahrnimmst, dann kann dieser Koch würzen. Auch wenn es für die Original japanische Küche, die sanfter daherkommt, ungewöhnlich sein soll. Miso Black Cod, Seehecht mit Tempura Crunch, Rösttomaten Fregola und gebackener Selleriecreme. Die Schreiberin lässt sich zur Misobutter Albatrüffel drüber hobeln, hm; die Freundin bleibt japanisch mit Yuzu Ahorn Awa (Schaum). Fast immer gehört Knusper dazu.

Es schmeckt grandios, endlich erschließt sich uns der Begriff umami: wohlschmeckend. Zur Geschmacksopulenz kommen die Bilder, farbige Stillleben, weit entfernt von monochromer Kalligraphie. Möglicherweise Christian Sturm-Willms Alleinstellungsmerkmal. Die Ingredienzen treten gleichrangig mit dem Produkt auf. Wie die Mitarbeiter im Yunico mit ihrem Chef...

Die Schreiberin genießt nur noch mit den Augen, trinkt frischen Pfefferminztee. Die Freundin dagegen delektiert sich am zart- saftigen Lammrücken. Mit frisch geräuchertem Fleur de Sel, Misospeckschnitte, Nussbutterschaum auf einem Sansho-Kraft-Jus. Wir wissen nicht, wie Japan authentisch geht, aber eine Vorstellung, eine spannende, bekommen wir. Der Spagat mit mediterranen Elementen gelingt, er komponiert die Gänge zu einem orgiastischen Füllhorn. Alles passt zusammen.

Auch das Dessert. Anne, die Patissière mag’s nicht zu süß. Angenehm ihr Pre-Dessert. Ein anmutiges Ikebana aus Ingwer Sorbet, getupft mit Holunderbaiser, kandierten Pistazien, auf grünem Tee-Sud. Das Hauptdessert brüstet sich üppig auf feuerrotem Teller, eine Variation aus Melonen „Texturen“: Chawanmushi (eine Art Eierpudding aus Sojamilch), Tapioka, Sonnenblumenkerne, Baiser. Angenehm säuerlich. Fruchtig. Ein letztes Mal aufbäumend mit kleinen Explosionen im Mund klingt unser wunderbares Omakase aus. Peta Zeta macht’s möglich (Knallzucker).

Vergessen Sie alles, was Sie außerhalb des Landes an vermeintlich Japanischem gegessen haben. Das Yunico kommt anders daher. Seine Küche ist eine hohe Kunst der Perfektion, am Einsatz von Produkten, an Schnitttechniken, beim Anrichten. Zierlich, präzise und leise. An der wir teilnehmen dürfen. Die Schreiberin würde am liebsten sprachlos genießen. Um diese besondere Küche anschließend entzückt in Worte zu fassen. Und nebenbei japanisch lernen, allenfalls küchentechnische Begriffe.

 

Author: Margret Buchner

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