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Restaurant of the month October 2020

arrow left HYGGE, Landhaus Flottbek, Hamburg, Germany arrow right

 
Hotel: Landhaus Flottbek
Address: Baron-Voght-Str. 179 - Groß-Flottbek, 22607 Hamburg
Cuisine: Innovativ
Chef de Cuisine
Thomas Nerlich

Skandinavische Gemütlichkeit und die Wohlfühlküche einer Brasserie - das verbindet das HYGGE im Hamburger Westen auf vortreffliche Weise.

Es ist der offene Kamin in der Mitte des Raums, der nicht nur optisch wohlige Wärme abgibt. Es sind die frei gelegten Holzbalken und Holztische, die für Natürlichkeit stehen. Es sind die grauen, glatten Wände, die die Ruhe und Klarheit unterstreichen. Es sind die anthrazitfarbenen Ledersessel, die so bequem sind, dass man gar nicht wieder aufstehen möchte. Es sind die hellen Felle, in die man sich kuscheln kann. Und es sind die unzähligen Lampen mit großen Glaskugeln, die warmes Licht abgeben, als wäre draußen ein ewiges, nie enden wollendes orange-rotes Mittsommerlicht. Das alles zusammen ist, was den Gastraum so gemütlich macht. Diese Gemütlichkeit entsteht ohne Plüsch und Schwere, sondern mit geradliniger skandinavischer Behaglichkeit, für die in Dänemark eben das Wort hygge steht. Während man es sich bei uns eher umständlich „gemütlich macht“, ist es eine unkomplizierte Form des Wohlbefindens, die man jeden Tag leben kann. Diesen Gedanken hat sich das HYGGE im Landhaus Flottbek im Hamburger Westen verschrieben: Essen und Trinken für jeden Tag, das aber trotzdem etwas Besonderes ist. Und so ist das HYGGE auch bewusst kein Restaurant, sondern eine Brasserie, auch wenn diese Klassifizierung für ein Lokal nicht aus der skandinavischen Welt stammt. Für Küchenchef Thomas Nerlich geht es um kulinarische Gemütlichkeit. Darunter versteht er eine „entspannte, nicht verkopfte Küche“. Das kann vieles sein und das HYGGE-Team versteht es auch verschiedene Spielarten dieser Definition zu bedienen. „Das kann ein Überraschungsmenü sein, oder ein großes Stück Fleisch oder Fisch, das in der Mitte auf den Tisch gestellt wird“, sagt Thomas Nerlich. Aber für ihn gehören auch kreative Gerichte dazu, die geschmacklich überraschen. Diese Vielfalt zeigt sich auch auf der Speisekarte. Die Klassiker wie ein Ragout, ein Burger und eben ein Wiener Schnitzel fehlen nicht. Aber für die Klassiker gilt, sie müssen „verdammt gut sein“, sagt Thomas Nerlich. Das heißt beim Wiener Schnitzel, dass er besonders viel Wert auf die Qualität der Bratkartoffeln und den Gurkensalat legt.

Dass aber auch eine kreativere Küche zum HYGGE passt, zeigt das Überraschungsmenü, das wir bei unserem Besuch probiert haben. Die Vorspeise basiert auf einem Vorschlag aus seinem Team, wie Thomas Nerlich stolz betont. Dabei wird marinierte Gurke mit kleinen, nicht zu süßen Melonenwürfen kombiniert. Auf diese frische, leichte Basis sind nicht wenige Späne der Belper Knolle gehobelt. Dabei handelt es sich um einen Schweizer Rohmilchkäse, der an Parmesan erinnert, aber cremiger im Mund ist. Geschmacklich ist der Käse deutlich komplexer als der italienische Klassiker, da er mit Pfeffer ummantelt und ihm Knoblauch beigemischt ist. Auf dem Teller wird er zudem noch von Senfsaat ergänzt, sodass sich schöne leicht an Chili erinnernde, scharfe Akzente auf dem Teller ergeben. Diese Schärfe ist dann ein spannender Kontrast zur Kühle und Geradlinigkeit von Gurke und Melone. Das ist eine perfekte Alternative zum klassischen Salat, nicht nur in der warmen Jahreszeit.
 

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Dass Nerlichs Aussage in Bezug auf Klassiker, die eben „verdammt gut“ sein müssen, keine leeren Worte sind, zeigt er im zweiten Gang. Eine klassische Fischsuppe. Die Zusammensetzung der Fische kann sich je nach Marktlage leicht verändern. Diese sind zum Teil leicht angebraten, zum Teil nur gar gezogen. Entscheidend für die klare, rotgoldene Brühe sind die Bouchot-Muscheln, die den typischen Geschmack von Meer erzeugen. Dieser Eindruck von klarem Meer wird durch die extrem gute Sauce Rouille unterstützt, die schön muschelig schmeckt.

Auch ein klassisches Fleischgericht, wie das Frischlingskarree mit Pfefferjus, Zwetschgen und Graupen kann durchaus unerwartete Akzente setzen. So sind einige der Graupen gepoppt und daher wirken die klassisch zubereiteten Graupen im Mund gleich leichter und knuspriger. Dass das Fleisch selbstverständlich wunderbar rosa gegart ist, muss nicht erwähnt werden.

Ein Dessert, wie Eis mit Beeren und Chips von Knäckebrot, die in Süße und Konsistenz ein wenig an süßes „Russisch Brot“ erinnern, rundet so ein Menü optimal ab. Das ist eine wahrlich unaufgeregte Küche mit handwerklicher und geschmacklicher Qualität.

Zum entspannten Genuss gehört im HYGGE auch eine umfassende Weinauswahl. Die Karte ist in Bezug auf Regionen und Rebsorten „relativ klassisch gehalten“, sagt Sommelier Lennart Wenk. Aber er hat viele Weingüter im Angebot, die „nicht so den großen Namen haben und das ist für viele das Überraschende“. Dies garantiert eine reiche Auswahl an Weinen, die preislich so interessant ist, dass man auch eine ganze Flasche wählen kann – und das machen die meisten Gäste im HYGGE auch, sagt der Sommelier. Dass es Lennart Wenk aber auch versteht, die Gerichte von Thomas Nerlich präzise zu begleiten, zeigt er bei dem Menü, die wir probiert haben. Ein leichter restsüßer Mosel-Kabinett betont die Fruchtigkeit in der Vorspeise, ein nicht zu ausladender, mineralischer Chardonnay aus Baden begleitet die Fischsuppe, ein recht üppiger und reifer Spätburgunder aus Österreich kann dem Wildgericht mehr Tiefe geben. Wer lieber keinen Wein trinken möchte, findet zudem in einer umfangreichen Bar-Karte Alternativen.

Das HYGGE öffnet übrigens bereits um 15 Uhr. Das ermöglicht es, gerade Familien mit kleineren Kindern schon am frühen Abend das Restaurant zu besuchen.

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