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Klein, Martin: Die Weltköche zu Gast im Ikarus – 62 außergewöhnliche Rezepte und wegweisende Chefs im Porträt

In diesem Buch beginnt das kulinarische Jahr im Ikarus etwas ungewöhnlich, nämlich im November 2015 und endet im Oktober 2016. Aber nur so ist es möglich, das dritte Jahrbuch über die kulinarischen Ereignisse in dem außergewöhnlichen Restaurant am Salzburger Flughafen vor Weihnachten in die Buchläden zu bringen.

Ein Buch als Teil eines medialen Gesamtangebots

Jeden Monat stellt ein Gastkoch dem mit zwei Sternen bewerteten Restaurant sein Menü zur Verfügung. Nach einigen Tagen der Einarbeitung, wird es von der dortigen Crew dann gekocht - und zwar so nah wie möglich am Original. Dies begleitet der zum Red Bull-Imperium gehörende Hangar-7, in dem das Ikarus beheimatet ist, mit großem medialen Aufwand: Medien wird jeden Monat umfangreiches Pressematerial zum Gastkoch zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird für den hauseigenen TV-Kanal Servus-TV eine halbstündige Doku mit dem Titel „Die besten Köche der Welt zu Gast im Ikarus“ produziert. Diese Folgen sind immer nach dem gleichen Muster gestrickt: der Executive Chef des Ikarus, Martin Klein, reist in das Restaurant des Gastkochs, probiert dort das Menü, sagt, dass es ganz schön schwierig werde, das genauso im Ikarus zu kochen, dann besucht er mit dem Gastkoch Produzenten, die dessen Küche oder seine Herkunft gut erklären. Zurück in Salzburg ist dann zu sehen, wie die Mannschaft des Ikarus und der Gastkoch das Menü einstudieren und zum Schluss darf dann Patron Eckart Witzigmann zum Ausdruck bringen, was er an dem Menü besonders schätzt. Auch wenn dies etwas schematisch ist, arbeiten diese TV-Reportagen sehr gut die unterschiedlichen Ansätze der verschiedenen Köche heraus. Nun ergänzt also zum erneut Mal ein Buch das multimediale Angebot. Obwohl das Buch diesen Prozess ebenfalls abbildet, wirkt es keinesfalls wie eine gedruckte Fernsehsendung, es hat eine eigene Qualität.

Inhaltlich beginnt das Buch langweilig: das Vorwort ist in der Ich-Perspektive von Martin Klein formuliert. Wohl kaum ein Küchenchef dürfte einen so tiefen Einblick in die Entwicklung der Kulinarik in der gesamten Welt haben. Doch davon kommt im Text leider nichts zum Vorschein. Stattdessen bleibt es ein matter Überblick über den Inhalt des Buches - den Text kann man also getrost überblättern.

Echte kulinarische Porträts

Während die ersten acht Seiten des Buchs auf mattem Papier gedruckt sind, sind die Porträts der Gastköche und ihre Gerichte auf Hochglanzpapier in Szene gesetzt. Jeder Koch wird mit einem gut eineinhalbseitigen Text vorgestellt. Diese Porträts sind sehr gelungen. Kaum Flokseln, kein Herunterrattern früherer namhafter Stationen des jeweiligen Kochs und keine Schubladen, in die versucht wird die Stilistik des Küchenchefs zu stecken. Stattdessen wird beispielsweise Peter Knogl vor allem über die Zubereitung seiner Sauce porträtiert - besser kann man seine Herangehensweise und seine Küche nicht beschreiben. Die Texte gehen davon aus, dass sich Köche am besten über ihre Menüs ausdrücken. So enthalten die Texte kaum Zitate. Die finden sich gesammelt auf einer weiteren Seite. Oft werden Produkte und Gerichte aus dem Menü näher beschrieben, daher lohnt es sich, zum besseren Verständnis immer ein paar Seiten vorzublättern und zunächst die Rezepte zu studieren.

Optisch umrahmt werden die Texte von Fotos aus dem Restaurant des Gastkochs und vielen Szenen aus der Küche. Bis auf ganz wenige Ausnahmen handelt es sich dabei um extra für das Buch erstellte Fotos und nicht um Pressematerial des Hotels – was in vielen Büchern leider vorkommt. Dadurch gelingt eine sehr schöne, durchgängige Bildsprache.

Danach wird zunächst auf einer Seite das gesamte Menü aufgelistet, das im Ikarus serviert wurde. Die Rezepte beschränken sich allerdings auf eine Auswahl der Gerichte. Diese werden dann auf einer Doppelseite präsentiert. Die Rezepte sind klar und präzise formuliert. Selbstverständlich sind nicht alle für die heimische Küche geeignet - nicht nur wegen des notwendigen handwerklichen Aufwands. Den Reiz einiger Rezepte dürften auch die speziellen Produkte ausmachen, die verwendet werden, aber hierzulande schwer zu bekommen sind. Überraschenderweise finden sich nach genauerem Studium aber doch erstaunlich viele Gerichte, die man mit mehr oder minder großen Abstrichen auch in der Hobby-Küche adaptieren kann.

Die Fotos der Gerichte sind außerordentlich gut gelungen. Jeder Koch wird optisch in einem unterschiedlichen Setting präsentiert. Fotograf Helge Kirchberger gelingt es mit den Hintergründen immer etwas mehr vom Stil des jeweiligen Kochs mit einzubringen. So stehen etwa die Teller mit den Gerichten von Poul Andria Ziska auf Moos-Untergründen. Den Hintergrund für die Gerichte des Menü anlässlich des 75 Geburtstags von Eckart Witzigmann bilden Auberginen. Dieses Menü ist besonders hochwertig aufbereitet. Alle teilnehmenden Gastköche sind mit einem Porträtfoto auf einer aufklappbaren Doppelseite ganzseitig präsentiert. Textlich werden sie allerdings nur in Kurz-Porträts vorgestellt. Die Rezepte sind dann im gewohnten Stil des Buches umgesetzt.

Eine perfekte Dokumentation

Für Stammgäste des Ikarus ist das Buch die perfekte Dokumentation des kulinarischen Jahrs in diesem Restaurant. Wer die Menüs nicht genießen konnte, bekommt mit dem Buch dennoch eine exzellente Aufbereitung der Gastkoch-Menüs, die zudem einen sehr guten Überblick über verschiedene Richtungen der Kulinarik im Jahr 2015/16 bieten. Viel besser kann man ein Kochbuch über Spitzenküche nicht gestalten.

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